Politischer und persönlicher Stil müssen sich ändern

Klimanotstand als Herausforderung für die Demokratie im Fokus einer Tagung des Katholischen Akademiker/innenverbands am 22. und 23.11.2019

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Wien, 26.11.2019

Der große Saal des Hauses der EU in Wien war bis zum letzten Platz gefüllt. Ein starkes Zeichen dafür, wie wichtig das Thema Klimawandel und Klimanotstand für die Menschen ist. Fakten zum Klimawandel und Diskussion über mögliche Wege in die Zukunft standen im Fokus des Katholischen Akademiker/innenverbands Österreichs am 22. und 23.11.2019. Renommierte Expertinnen und Experten aus der Klimaforschung und aus der Praxis kamen zu Wort.

Es geht um die Wurscht

Es sei ein gewisser Trägheitsüberwindungsaufwand nötig, sowohl die politischen Weichen als auch den persönlichen Lebensstil Richtung Klimagerechtigkeit umzustellen, stellte Matthias Krön im Rahmen der zweitägigen Veranstaltung im Haus der EU und im Otto-Mauer-Zentrum dar. Der Geschäftsführer des Vereins Donau Soja ist selbst im Bereich der klimaschonenden Nahrungsmittel engagiert, ein Aspekt, der laut Krön 70 Prozent der Klimaveränderung ausmacht. „Da geht es nicht nur um die Furze“, erklärte er, „70 Prozent der Agrarflächen werden für Tierfutter verwendet.“

Ausreichende Klimaschutzmaßnahmen fordern unser demokratisches System

Dass es sowohl politische als auch persönliche Anstrengung braucht, um die Klimaerwärmung nicht zu stark zu beschleunigen, zog sich wie ein roter Faden durch die Diskussionsbeiträge der Tagung. „Es geht um viel“, so Professor Stefan Schleicher vom Wegener Center für Klima und globalen Wandel in Graz. Denn selbst bei einer nahen Erwärmung der Erdatmosphäre um nur 1,5 Grad stünden riesige Veränderungen bevor. „Es wird auch in Mitteleuropa große Hitzeperioden geben, und die heißesten Städte werden phasenweise zu heiß sein“, prognostizierte die Klimawandel-Expertin der Universität für Bodenkultur, Professorin Helga Kromp-Kolb. Dabei war ein Grundtenor der Tagung, dass es sehr unwahrscheinlich sei, das Ziel von höchstens 1,5 Grad Celsius einzuhalten. „Die Frage ist, ob Demokratien überhaupt in der Lage sind, solch langfristige Probleme zu lösen“, spitzte Kromp-Kolb zu. Kurze Legislaturperioden und starke Lobbyisten stünden dagegen. Die sechs teils heftig diskutierenden Podiumsgäste überraschten das Publikum mit dem Bekenntnis, dass alle ohne Ausnahme das Klimavolksbegehren unterzeichnen wollen.

Klimaschutzpläne unzureichend

Der aktuellen Version des österreichischen Energie- und Klimaplans sei weit von den Zielen des Pariser Abkommens entfernt und würde das Ziel von nicht mehr als 1,5 Grad Celsius Erderwärmung nicht erreichen, so die Einschätzung von Stefan Schleicher. Kromp-Kolb ging in dieselbe Richtung, wenn sie meinte „Zwischen dem, was man zugesagt hat und dem, was geschieht und dem, was geschehen sollte, klaffen riesige Lücken!“ Auch der katholische Sozialethiker Professor Jochen Ostheimer von der Uni Graz formulierte die nüchterne Einschätzung, dass es sehr unwahrscheinlich sei, bei 1,5 Grad Erderwärmung zu bleiben. Es sei daher ein starkes Zeichen von Papst Franziskus, dass er seine Schöpfungs-Enzyklika „Laudato sì“ nicht mit einer negativen Aussage betitelte, was naheliegend wäre, sondern mit einem Lobpreis, mit dem Sonnengesang von Franz von Assisi.

Und wo bleibt die Wirtschaft?

Es müsse wirtschaftlich sein, Klimaschutz zu machen, darauf wies Axel Steinsberg als stv. Abteilungsleiter für Umwelt- und Energiepolitik der Wirtschaftskammer hin. Thomas Waitz von den europäischen Grünen meinte, es gäbe eine Biosphäre auch ohne Wirtschaft, jedoch keine Wirtschaft ohne Biosphäre. Um das Gespür für Schöpfungsverantwortung zu fördern, brauche es ökologische Erziehung und Spiritualität, so Sozialethiker Ostheimer. „Ich kann vieles nicht beeinflussen“, so der Grüne Thomas Waitz, „vieles aber auch schon!“ Was für den Körper gesund sei, sei auch für die Verlangsamung der Klimaerwärmung wirksam, was schöpfungsfreundlich sei, sei auch sozial verantwortungsbewusst, auf diese Zusammenhänge wiesen die Vortragenden in den verschiedenen Zusammenhängen immer wieder hin.

Rückhalt in der Gesellschaft

Unterstützung erhielt die Tagung von den Ordensgemeinschaften Österreich, vom Zukunftsfonds der Republik Österreich und der Kulturabteilung der Stadt Wien, Wissenschafts- und Forschungsförderung. Sie wurde als ÖkoEventPlus, umweltfreundliche Veranstaltung der Stadt Wien vom Katholischen Akademiker/innenverband Österreichs in Kooperation mit dem Haus der Europäischen Union organisiert. Außerdem beteiligten sich das tgm – Die Schule der Technik und das Schulzentrum Friesgasse, Die Furche, das Forum Katholischer Akademiker/innen Österreichs, die Katholische Aktion Österreich sowie das Forum Zeit und Glaube – Katholischer Akademiker/innenverband Wien.

Die Tagung wird vom Team des TGM Wien dokumentiert und ist demnächst auf dem Kanal Vielfalt hat Zukunft nachzusehen (https://www.youtube.com/playlist?list=PLjSMV2x4MBawv73cagZEd_5HKdRKIOOHj)

Im Vorfeld der Veranstaltung kam der Gesamtvorstand des KAVÖ zusammen. Das Gremium beschloss das Mission-Statement des KAVÖ (KAVÖ-Mission Statement 2019) und führte Gespräche mit Vertretern der Mährisch-Schlesischen Christlichen Akademie in Olomouc (Dr. Jiří Koníček, Präsident und Dr. Roman Zaoral, Vizepräsident) über mögliche Kooperationen.

Rückfragen bitte an

Dr. Petr Slouk, Generalsekretär, 01 51552-5102 oder 0650 4401536