Richtig, dass Schulen offen bleiben

Angesichts des vierten Corona-Lockdowns in Österreich sprachen sich Expert*innen der KAVÖ-Tagung „Soziale Gerechtigkeit und Demokratie“ gegen weiteres Distance-Learning aus und lobten die Entscheidung, den regulären Schulbetrieb aufrecht zu erhalten.

Wien, 22.11.2021
Pressemitteilung als PDF

Am Tag, an dem Österreichs vierter Corona-Lockdown verkündet wurde, trafen sich Bildungsexpert*innen zum Symposium „Vielfalt hat Zukunft“ des Katholischen Akademiker*innenverbands Österreich im Ankersaal der Brotfabrik Wien. Die Beiträge dieses 19. Novembers umkreisten das Thema „Soziale Gerechtigkeit und Demokratie“. Die negativen Auswirkungen der notwendigen Lockdowns auf die soziale Gerechtigkeit waren durch den aktuellen Anlass Thema in jeder Präsentation. Dabei spitzte sich die Diskussion auf die Frage der Schülerinnen und Schüler zu. Bildung als „DEN Hebel“ zu mehr sozialer Gerechtigkeit nannte unter anderem die Sozioökonomin Karin Heitzmann von der Wirtschaftsuni Wien. Das Gefühl vieler Menschen, verlassen worden zu sein, schilderte der Sozialexperte Martin Schenk-Mair. Für sie hätte sich das Versprechen, durch Leistung etwas erreichen zu können, als Lüge entpuppt.

Teil der Gesellschaft. Die Autorin, Journalistin und Pädagogin Melisa Erkurt, die sich an der Podiumsdiskussion beteiligte, setzt sich sehr für mehr Beteiligung an Schule und Gesellschaft für Kinder mit Migrationshintergrund ein. Beteiligung sieht sie als Schlüssel für Demokratie. „Erst, wenn du dich als Teil der Gesellschaft fühlst, kannst du für eine bessere Gesellschaft kämpfen“, fasste sie einen wichtigen Zusammenhang in Worte. Deshalb würde auch die Klimaschutzbewegung „Fridays für Future“ zu einem guten Teil von Akademikerkindern getragen.

Überforderung. Obwohl ein Grundkonsens darüber herrschte, dass Corona-Maßnahmen sinnvoll und notwendig seien, betonten die Teilnehmenden am Podium, wie wichtig der regelmäßige Unterricht an der Schule für Kinder und Jugendliche wäre. Distance learning hätte zur Überforderung der familiären Strukturen und zu „sozialer Verwahrlosung“ geführt, beobachtete der Kinder- und Jugendpsychiater Helmut Krönke. Diese Erfahrung bestätigte auch die Leiterin des Schulzentrums Friesgasse in Wien, Maria Schelkshorn-Magas. Manche Schulanfänger*innen der 1. Klassen wirkten „desozialisiert“, da sie nicht einmal ein verpflichtendes Kindergartenjahr vor dem Schuleintritt erlebt hätten. Melisa Erkurt stellte die Zukunftsfrage: „Wir müssen den Blick auch auf die nächsten zehn Jahre richten. Wie wird es den heutigen Kindern und Jugendlichen dann gehen?“

Respekt. Die Rückkehr an die Schulen nach den diversen Lockdowns hätten sowohl Schüler*innen, Lehrer*innen und auch die Eltern als befreiend erlebt. „Ich war zwar sehr beeindruckt, was man den Jugendlichen alles zutrauen kann und wie gut sie sich selbst organisieren können,“ erinnerte sich Schelkshorn-Magas. Dennoch wäre das Distance-Learning an seine Grenzen gestoßen. Die Nachfrage nach Kinder- und Jugendpsychiatrie sei so hoch wie nie zuvor, bestätigte Psychiater Helmut Krönke. Auch er sprach sich dafür aus, die Schulen, wie geplant, im Regelbetrieb offen zu halten. Wie sehr sich Schüler*innen am Lernen beteiligen, das liegt einerseits am familiären Rückhalt, andererseits aber an der Schulpädagogik. „Respekt ist kein Verdienst, er ist die Voraussetzung!“, betonte Martin Schenk-Mair, und das gilt auch für das Lernen in der Schule.

Die Tagung wird vom Team des TGM Wien dokumentiert und ist demnächst auf dem Kanal Vielfalt hat Zukunft nachzusehen: https://youtube.com/playlist?list=PLjSMV2x4MBay4_1lfZgbjZpQ_6mQgjoEe

Soziale Gerechtigkeit und Demokratie, 19.11.2021, Ankersaal/Kulturhaus Brotfabrik, Wien.

Informationen: Soziale Gerechtigkeit und Demokratie – KAVÖ (kavoe.at)
Fotos: hier

Kooperationspartner*innen: Katholische Aktion Österreich (KAÖ), Katholische Arbeitnehmer:innenbewegung Österreich (KABÖ), TGM – Die Schule der Technik, Forum Katholischer Akademiker/innen Österreichs.

 Gefördert von der Kulturabteilung der Stadt Wien, Wissenschafts- und Forschungsförderung, vom Zukunftsfonds der Republik Österreich und Meeting Destination Vienna.

Umweltfreundliche Veranstaltung ÖkoEventPLUS.

Rückfragen: Dr. Petr Slouk, Generalsekretär, 01 51552-5102 oder 0676 5135647

p.slouk@edw.or.at, www.kavoe.at, www.vielfalthatzukunft.net